Besonders seit die Wachtturm-Gesellschaft in Deutschland und anderen Ländern nach öffentlicher Anerkennung strebt, zeichnet sich eine grundlegende Umstrukturierung des Lehrgebäudes ab.

Ganz gleich ob es um das Verhältnis zum Staat, den Zivildienst, das Wahlrecht oder die leidige Blutfrage geht - wer die WT-Schriften aufmerksam verfolgt, erkennt auf nahezu allen kritischen Gebieten eine Abkehr von den bisherigen "Wahrheiten". Ein Zeuge Jehovas (der aus verständlichen Gründen anonym bleiben will) hat die wichtigsten Änderungen zusammengestellt:

Die Wachtturm-Gesellschaft auf dem Weg zur Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts

Die Wachtturm-Gesellschaft strebt in mehreren Ländern eine enge Zusammenarbeit mit den staatlichen Institutionen an. Die Religionsgemeinschaft "Zeugen Jehovas in Deutschland" klagt derzeit einen Rechtsanspruch auf Verleihung des Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts (KdöR) ein.

Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Klage am 26.06.97 abgelehnt. Das Gericht folgte in weiten Teilen dem Rechtsgutachten von Prof. Dr. jur. Link. Die Religionsgemeinschaft hat Revision vor dem Bundesverfassungsgericht eingelegt und ändert gleichzeitig gezielt die Lehrpunkte., die dazu führten.. daß der Klage nicht stattgegeben wurde.

1. Verhältnis zum Staat

Die WTG lehrt schon über Jahrzehnte hinweg, daß die Politischen Mächte eine der drei Säulen seien, auf denen die Weltherrschaft des Teufels beruhe. Gleichzeitig sind die Zeugen Jehovas dazu verpflichtet, ehrlich Steuern zu bezahlen, und Staatsdienern Respekt zu erweisen. In letzter Zeit werden vor allem diejenigen Aspekte hervorgehoben. die dazu geeignet sind, die Organisation als staatstreu zu kennzeichnen. Auch kann man in der WTG-Literatur immer seltener lesen, daß die Regierungen ihre Macht von Satan erhalten.

Zitate aus dem Rechtsgutachten und dem Urteil:

"Die Wachtturm-Gesellschaft (sieht) gerade den Staat als Teil des dem nahen Untergang geweihten "Systems" als "satanische Organisation." (Gutachten S.21)

"Ebenso wie der Staat sich mit der Gewährung des Korporationsstatus nicht in die Angelegenheiten der Religionsgemeinschaften einmischt, sondern im Gegenteil deren Eigenständigkeit stützt und fördert, kann umgekehrt von der Religionsgemeinschaft, die mit ihrem Antrag nach Art. 140 GG ... die Nähe zum Staat sucht und dessen spezifische rechtliche Gestaltungsformen und Machtmittel für ihre Zwecke in Anspruch nehmen will, erwartet werden. daß sie die Grundlagen der staatlichen Existenz nicht prinzipiell in Frage stellt." (Urteil des BVG 26.06.97 S.15)

Bisherige Aussagen der WTG:

1988, "Die Offenbarung - Ihr großartiger Höhepunkt ist nahe"

Welch gute Beschreibung des blutbefleckten Politischen Systems, durch das Satan Über die Menschheit herrscht!" (S. 187 Abs. 5)

Diese Nationen täten besser daran, sich zu bemühen, Gottes Gunst zu erlangen, als Anstoß daran zu nehmen, wie sie in Gottes Wort beschrieben werden. ... Satan wird in der Bibel vielmehr als 'Engel des Lichts' beschrieben, als Meister der Täuschung, der einen gewaltigen Einfluß auf das allgemeine politische Geschehen ausübt." (S.188 Abs. 9)

Die zehn Hörner stellen die Gesamtheit der souveränen Staaten dar, aus denen die ganze Politische Organisation Satans besteht. Diese Hörner sind zwar alle grausam und aggressiv." (S.188 Abs. 10)

Das Tier ist Satans Politische Schöpfung innerhalb der Menschheit, ist Satan ist tatsächlich 'der Herrscher dieser Welt". (S. 189 Abs. 12)

(Das oben zitierte Buch wurde 1988-96 in den Versammlungsbuchstudien (örtliche Bibelstunde in privatem Kreis) dreimal ausführlich behandelt.)

Helleres Licht:

1997

Unzutreffend wäre allerdings die Schlußfolgerung ', alle Personen mit Regierungsgewalt seien Handlanger Satans. Viele haben sich als Menschen mit Grundsätzen erwiesen wie zum Beispiel der Prokonsul Sergius Paulus, der in der Bibel als intelligenter Mann bezeichnet wird .... Manche Staatsführer haben mutig die Minderheitenrechte verteidigt, weil sie der Stimme des ihnen von Gott verliehenen Gewissens folgten." (Der Wachtturm 01.11.97 S. 16-18 Abs. 12)

Die politischen obrigkeitlichen Gewalten' sind Gottes 'Dienerin' solange sie die ihnen von Gott zugebilligte Rolle spielen." ... (Abs. 15)

... dadurch, daß sie (die Zeugen Jehovas) die hohen moralischen Grundsätze der Bibel lehren und befolgen, sind sie ein Gewinn für die menschliche Gesellschaft. weil diese Grundsätze viele davor bewahren, straffällig zu werden. Jehovas Diener sind gesetzestreu und respektvoll gegenüber Ministern Amtspersonen. Richtern und städtischen Behörden, ..." (Abs. 16)

2. Verweigerung des zivilen Ersatzdienstes 

Bis zum März 1996 wurde jeder Zeuge Jehovas, der nicht auch den Ersatzdienst verweigerte, so betrachtet, als ob er die Gemeinschaft der Zeugen Jehovas verlassen habe, was einem Gemeinschaftsentzug gleichkommt.

Zitat aus dem Rechtsgutachten:

so stellt sich auch hier die Frage der sanktionierten Fremdbestimmung des Gewissens durch die Wachtturm-Gesellschaft, die es eben nicht dem Gewissen des einzelnen Mitglieds stellt, ob er sich einer zentralen staatsbürgerlichen Pflicht entziehen will (S.37)

Bisherige Aussagen der WTG:

1975

Die Zeugen erklärten... daß sie nicht gegen den Zivildienst als solchen seien, sondern es gehe ihnen um die strikte Neutralität. Daher sei für Jehovas Zeugen kein Dienst, der lediglich ein Ersatz für den Wehrdienst sei, akzeptabel.

Christen sind nicht bereit einen solchen Dienst zu leisten, weil in Gottes Wort gesagt wird: "Ihr seid um einen Preis erkauft worden; werdet nicht mehr Sklaven der Menschen" (1.Kor.7:23). Der Christ verweigert auch den Zivildienst, der als Ersatz für den Militärdienst gilt. In Wirklichkeit würde er durch diesen Dienst ein Teil der Welt werden, Jesus aber gebot, sich von der Welt getrennt zu halten ( Joh. 15:19; 17:14-16)." (Erwachet!, 08.03.75, S.23-24)

Helleres Licht:

1996

Manche Länder verlangen von den Betreffenden Zivildienst zu leisten, z. B. eine nützliche Tätigkeit für das Allgemeinwohl zu verrichten, die als nichtmilitärische Dienstpflicht betrachtet wird. Könnte ein Christ einen solchen Dienst durchfuhren? Auch in diesem Fall muß ein Gott hingegebener ', getaufter Christ eine persönliche Entscheidung treffen, gestützt auf sein biblisch geschultes Gewissen." (Der Wachtturm 01.05.96 S. 15-20 Abs. 16)

Auch Zeugen Jehovas leisten häufig einen solchen zivilen Dienst, der dem Allgemeinwohl dient. Dadurch wird zumeist ein hervorragendes Zeugnis gegeben, und es bringt manchmal diejenigen zum Schweigen, die Jehovas Zeugen der Ablehnung des Staates beschuldigen." (Abs. 18)

Die ernannten Ältesten sollten, wie alle anderen auch, das Gewissen des Bruders voll und ganz respektieren und ihn weiterhin als Christen betrachten, der in gutem Ruf steht." (Abs. 21)

Der Wachtturm-Ausgabe (vom 01.05.96 Anmerk. des Verfassers) könnt Ihr entnehmen, daß die leitende Körperschaft nach sorgfältiger Prüfung und Abwägung biblischer Grundsätze und geschichtlicher Berichte zu einer erweiternden Erklärung- von Römer 13 gekommen ist. Dadurch gewinnen wir eine erweiterte Erkenntnis zu gewiesen Pflichten dem Staat gegenüber, die sich auch auf den Zivildienst und andere zivile Dienste, die von jungen Brüdern gefordert werden mögen, erstrecken kann. ... zumal sich grundsätzlich nichts daran geändert hat, daß Jeder Zeuge Jehovas gemäß seinem eigenen Gewissen seine persönlichen Entscheidungen treffen muß." (Brief an alle Ältestenschaften vom 18.03.96)

Das letzte Zitat ist reine Schönfärberei. Vor dem 18.03.96 hatten junge Zeugen folgende "Gewissensentscheidung" zu treffen: Entweder den Zivildienst verweigern und in vielen Ländern eine Gefängnisstrafe in Kauf zu nehmen, oder den Zivildienst zu leisten, und von der Versammlung so betrachtet zu werden, als ob sie die Gemeinschaft verlassen hätten, was einem Gemeinschaftsentzug gleichkäme.

3. Schöffenamt

Der Staat kann von jedem Bürger verlangen, sich als Schöffe bei Gericht zur Verfügung zu stellen. Den Zeugen Jehovas wurde es viele Jahre lang nahegelegt, sich davon fernzuhalten und gegebenenfalls Strafen in Kauf zu nehmen.

Zitat aus dem Rechtsgutachten:

... (es) handelt ... sich hier aber um eine Rechtspflicht. Ein dahingehend ausgeübter sozialer Druck erscheint jedoch Jedenfalls dann - auch in Abwägung mit der Religionsfreiheit als rechtswidrig, wenn er die Entschließungsfreiheit des Verpflichteten massiv beeinträchtigt." (Gutachten S. 35,36)

Bisherige Aussagen der WTG:

1961

Das Amt eines Geschworenen zu versehen wird nicht als eine Verletzung der Bundespflichten betrachtet, die jemand Jehova gegenüber hat. Doch haben Jehovas Zeugen im allgemeinen das Empfinden, daß sie nicht über eine andere Person zu Gericht sitzen sollten. ... Blutschuld auf sich laden .. ' . Ein Bruder der sich geweigert hatte, als Geschworener zu amten, ... wurde für nicht schuldig befunden." (Königreichsdienst-Fragen S. 56.57)

1973

Jehovas Zeugen anerkennen, daß das, was Jemand in Verbindung mit diesem Amt tut, eine persönliche Angelegenheit ist, in der er sich von dem leiten lassen sollte, was ihm sein Gewissen befiehlt. Jesus Christus lehnte es ab einen Rechtsstreit zu schlichten. die Gefahr an einem Fehlurteil beteiligt zu sein. ... Man kann also erkennen, daß man als Schöffe in ernste Gewissenskonflikte geraten könnte. ...In Westdeutschland besteht für Gottes Diener die Möglichkeit ', von der Liste der voraussichtlichen Schöffen bzw. Geschworenen unter Hinweis auf die Ungeeignetheit aus Gründen beruflicher Art 34 I.Z. 6 GVG) als Religionsdiener gestrichen zu werden. Betrachtet man ihn seiner gewissensmäßigen Bedenken wegen für das Amt eines Geschworenen oder Schöffen nicht als ungeeignet, man sich der Christ - um sein Gewissen nicht zu verletzen - veranlaßt sehen, das Amt abzulehnen." (Der Wachtturm 15.06.73 S.282)

Helleres Licht:

1997

Viele Christen sind guten Gewissens zu dem Schluß gekommen, daß die biblischen Grundsätze nicht dagegen sprechen. ... Manche können gegebenenfalls aus gewichtigen persönlichen Gründen oder aus Gewissensgründen von der Berufung zum Schöffen oder Geschworenen befreit werden. Die Behörden heben jedoch zunehmend solche Befreiungsgründe auf, so daß jedermann verpflichtet ist, die Berufung zum Schöffen oder Geschworenen anzunehmen, und das vielleicht sogar mehrmals im Laufe der Jahre. ... Weltliche Gerichte gehören zu dem Aufgabenbereich der "obrigkeitlichen Gewalten. ... "Sie ist Gottes Dienerin dir zum Guten... " (Röm.13:1-41 ... Christen werden sich nicht der Gewalt widersetzen, wenn sie gerichtliche Funktion ausübt, denn sie wollen sich ihr nicht entgegenstellen und dafür ein Gericht empfangen."Was ist jedoch wenn ein Christ das Gefühl hat, es sei mit seinem Gewissen nicht vereinbar, in einem bestimmten Fall als Schöffe oder Geschworener mitzuwirken? In der Bibel wird die Berufung zu einem solchen Amt nicht erwähnt, weshalb er nicht sagen kann, daß ihm seine Religion verbiete, Schöffe oder Geschworener zu sein. Abhängig von dem Fall, könnte er erklären, daß es gegen sein persönliches Gewissen sei, in einem bestimmten Fall mitzuwirken." (Der Wachtturm 01.04.97 s.27)

Interessant ist der Begriff "persönliches Gewissen", gibt es den noch ein anderes?

4. Wahlrecht

Ein Zeuge Jehovas, der dieses demokratische Grundrecht wahrnimmt. treibt in den Augen der WTG Götzendienst, und wird daher so behandelt wie jemand, der sich einer anderen Organisation anschließt. Das Verbot zu wählen bezog sich auch auf Klassensprecherwahlen, Betriebsratswahlen...

Zitate aus Rechtsgutachten:

Die Besonderheit liegt hier aber gerade darin, daß die Ausübung des Wahlrechts nicht nur zur Sünde erklärt und vor ihr gewarnt wird, sondern daß Gravierende soziale Folgen an die Verletzung des Gebots geknüpft und diese noch dazu gemeinschaftsintern bekanntgemacht werden." (Gutachten S.34)

Die Klägerin lehnt indes die Wahlteilnahme nicht nach Maßgabe der jeweiligen politischen Verhältnisse" sondern Prinzipiell ab." (Urteil des BVG S.17)

Mit diesem religiös begründeten Verbot der Wahlteilnahme ... setzt die Klägerin sich in einen verfassungsrechtlich nicht hinnehmbaren Widerspruch zu dem für die staatliche Ordnung ... konstitutiven Demokratieprinzip... " (Urteil des BVG S.15)

Bisherige Aussagen der WTG:

1961

Darf ein Gott hingegebener Christ, der sich um ein politisches Amt bewirbt oder seine Stimme freiwillig für Politische Kandidaten abgibt, ein Glied der Versammlung bleiben? ... Jemand, der freiwillig seine Stimme abgibt, um Politiker in ihr Amt zu wählen, nimmt ebenfalls an den Angelegenheiten der Welt teil. Er geht zur Welt zurück, um an deren Tätigkeit teilzunehmen. und schneidet sich so von der Verbindung mit der Neuen-Welt-Gesellschaft ab. Seine Verkündiger-Dienstkarte sollte aus der Kartei der tätigen Verkündiger entfernt werden." (Königreichsdienst-Fragen S.46)

1991

Sie (Jehovas Zeugen) hindern andere nicht daran, sich an politischen Wahlen zu beteiligen für politische Ämter zu kandidieren... Da wahre, Gott hingegebene Christen "kein Teil der Welt" sind, verläßt ein Glied der Versammlung, das fortgesetzt die christliche Neutralität verletzt und nicht bereut ', durch seine Handlungsweise die Gemeinschaft der neutralen Christenversammlung. ... Gewöhnlich wird bekanntgegeben. daß der Betreffende die Gemeinschaft der Versammlung verlassen hat, und er sollte mündlich von seiner Stellung unterrichtet werden." (Gebt acht auf euch selbst und auf die ganze Herde S.140)

Focus 4/1996

Interview mit W. K. Pohl und W. Rudtke

Focus: Und wenn nun ein Zeuge doch dabei (beim Wählen) beobachtet wird?

Pohl: Wir würden ihm sagen, daß das nicht unserer Erkenntnis der Bibel entspricht, und daß wir seinen Schritt leider so betrachten müssen, als ob er diese Überzeugung aufgegeben habe. Wenn er dann erklärt, daß er zum Beispiel von seinem Ehepartner dazu überredet worden sei, mag ihm Barmherzigkeit erwiesen werden, und er bleibt Glied der Gemeinde."

1983

An vielen Schulen werden Schüler in Gremien oder in Positionen wie die des Klassensprechers gewählt. ... Die Schüler sollen dadurch nicht nur an schulischen Entscheidungsprozessen beteiligt werden. sondern sollen auch lernen, wie man sich Politisch betätigt. Jugendliche Zeugen Jehovas mischen sich aber nicht in die Schulpolitik ein; weder lassen sie sich in ein Amt wählen, noch wählen sie andere in ein Amt. Sollten sie daher für ein Amt nominiert oder gewählt werden ', so werden sie taktvoll ablehnen. Auf diese Weise folgen sie dem Beispiel Jesu, der sich zurückzog, als man ihn zum König machen wollte (Joh.6:15)." (Jehovas Zeugen und die Schule S.16)

Helleres Licht:

1997/98 Königreichsdienstschule

(Es sind keine schriftlichen Unterlagen der Ältestenschulung erhältlich. Die nachfolgende Neuerung wurde lediglich den Ältesten bekanntgemacht, aber nicht öffentlich in den Versammlungen.)

Jeder Zeuge Jehovas kann sich künftig gemäß seinem eigenen Gewissen an nicht politischen Wahlen beteiligen. Es handelt sich dabei um das aktive und das passive Wahlrecht bei Wahlen zum Betriebsrat, Elternsprecher, Klassensprecher,

Interessanterweise wird diese Art von Wahlen hier als "nicht politisch" bezeichnet, während sie noch vor kurzem abgelehnt wurden mit der Begründung, es handle sich um politische Wahlen.

Es bleibt abzuwarten, ob das Licht in dieser Hinsicht noch heller wird.

5. Schweigepflicht

Von Rechts wegen sind die Angehörigen einiger Berufsgruppen (z.B. medizinisches Personal. Steuerbehörden... an die Schweigepflicht gebunden. Die WTG legt nahe, daß es in einigen Fällen richtig sei, diese Schweigepflicht zu brechen, und Informationen an die Versammlung weiterzugeben.

Zitate aus dem Rechtsgutachten:

...Ungleich gravierender ist, daß sie offen und in Kenntnis der staatlichen Verbotsnormen die Verletzung von Privatgeheimnissen durch Angehörige verschwiegenheitspflichtiger Berufe propagiert." (Gutachten S.44)

Jedenfalls kann in diesem ... Punkt von Rechtstreue der Gesellschaft nicht die Rede sein." (Gutachten S.46)

Bisherige Aussagen der WTG:

1987

"Maria arbeitet als medizinisch-technische Assistentin in einem Krankenhaus. Sie ist verpflichtet, was sie beruflich erfährt oder beobachtet, als Berufsgeheimnis zu wahren. Auch muß sie dafür sorgen, daß schriftliche Unterlagen und andere Informationen über Patienten nicht an unbefugte Personen weitergegeben werden. In dem Land, in dem sie wohnt, gibt es ein Gesetz, das die Weitergabe von vertraulichen Informationen über Patienten regelt.Eines Tages saß Maria in einer Zwickmühle. Als sie Krankenberichte bearbeitete, stieß sie auf eine Information, die besagte, daß eine Patientin, eine Mitchristin, eine Abtreibung vornehmen ließ. Hatte sie die biblische Verpflichtung, diese Information an die Ältesten ihrer Versammlung weiterzugeben, ... ?Maria fürchtete zuerst ein bißchen die rechtlichen Konsequenzen. doch dann kam sie zu der Überzeugung, daß in diesem Fall die biblischen Grundsätze mehr Gewicht hatten als die Forderung, die ärztlichen Unterlagen vertraulich zu behandeln." (Der Wachtturm 01.09.87 S.12-19)

Bis jetzt sind noch keine Änderungen bekannt geworden.

6. Datenschutz

Die WTG speichert sensible Daten von Mitgliedern, ehemaligen Mitgliedern und Außenstehenden. Sie ist allerdings in einigen Bereichen vorsichtiger geworden.

Zitat aus dem Rechtsgutachten:

"Im Rahmen des Gemeinschaftsentzugsverfahrens werden genaue Aufzeichnungen über z.T. rechtswidrig meist jedoch zumindest gegen den Willen des Mitglieds erlangte persönliche Umstände (auch aus dem sexuellen oder gesundheitlichen Intimbereich) angefertigt. Sie sind nicht nur (in verschlossenem Umschlag) in der Versammlungsablage aufzubewahren, sondern ihr wesentlicher Inhalt ist auch auf einem detaillierten Formblatt dem Zweigbüro der Organisation zu übermitteln. (Gebt acht auf euch selbst S.122)Außerdem werden sie sowohl bei der Versammlung wie beim Zweigbüro auf Karteikarten und damit zumindest im Sinne von §3 Abs2 Nr.2 BDSG dateimäßig erfaßt. Auf diese Weise werden hochsensible persönliche Daten auch von solchen Personen ohne deren Wissen gespeichert, die durch Austritt oder 'Gemeinschaftsentzug' der Organisation nicht mehr mitgliedschaftlich verbunden sind." (Gutachten S. 47)

1. Die Informationen von Personen, denen die Gemeinschaft entzogen wurde, werden weiterhin in der oben beschriebenen Weise aufbewahrt

2. Bis Februar 1991 wurde in Deutschland ein "Studienbericht" erstellt. Dieser "Studienbericht wurde von Zeugen Jehovas ausgefüllt und abgegeben, die mit "interessierten Personen" ein Heimbibelstudium durchführten. Der Bericht wurde ohne deren Wissen erstellt, und enthielt folgende Informationen: Name u. Anschrift, Monat, Tag u. Stunde, Studierte Publikation, Wie oft das Studium durchgeführt wurde, Bemerkungen (z.B. Kirchenaustritt, Entwöhnung von Tabak oder Drogen ...)

Im Januar 1991 wurde mündlich bekannt gemacht, daß diese "Studienberichte" nicht mehr erstellt werden sollen, weil dies eine "Vereinfachung" sei.

Diese neue Verfahrensweise, durchgeführte Heimbibelstudien nur noch zahlenmäßig auf dem Predigtdienstbericht zu erfassen, stellt eine Vereinfachung dar, und dadurch wird auch der Eindruck vermieden, es könnten unzulässige persönliche Daten über andere gespeichert werden, was ja nicht der Fall ist, weil die Berichte nicht auf Dauer aufgehoben werden." (Brief an alle Versammlungen vom 15.01.91)

Es erweist sich als vorteilhaft, wenn der Versammlungsbuchstudienleiter weiß, wer in seinem Buchstudium Bibelstudien durchfuhrt und wer die Interessierten sind. ... Um dabei niemanden zu übersehen, wird es gut sein, daß jeder Studienleiter eine fortlaufende formlose Aufzeichnung über alle Heimbibelstudien führt, ... Falls ein Studium nicht fortgesetzt werden kann, wird der Studienleiter seine Liste entsprechend berichtigen. Beim Besuch des Kreisaufsehers können dann die Studienleiter die Heimbibelstudientätigkeit ihres Versammlungsbuchstudiums anhand der von ihnen angefertigten Liste mit dem Kreisaufseher besprechen." (Brief an alle Ältestenschaften vom 15.01.91)

In anderen Ländern z.B. Frankreich, in denen der Datenschutz keine so große Rolle spielt, werden diese "Studienberichte" jedoch weiterhin ausdrücklich verlangt.

3. Ebenfalls anfangs der 90er Jahre wurde erklärt ', daß die Notizen, die nach Rückbesuchen gemacht werden, nicht mehr weitergegeben werden sollen. Solche Notizen sollen zwar weiterhin gemacht werden, aber jeder soll seine Notizen als Gedächtnisstützen bei sich behalten. Solche Notizen können sehr persönliche Informationen über Personen enthalten, die diese in einem vertraulichen Gespräch mit einem Zeugen geäußert haben.

7. Kindererziehung

Kinder sollen im Sinne der Organisation erzogen werden. Dabei kann die Bibel in dieser oder jener Hinsicht ausgelegt werden.

a) Soziale Isolation

Zitat aus dem Rechtsgutachten:

"Der Gemeinschaft angehörende Kinder dürfen sich aber weder an Aktivitäten im Zusammenhang mit Feiertagen aller Art betätigen, ... sondern auch nicht an außerlehrplanmäßigen Veranstaltungen ... Schulbällen. Verboten ist auch die Teilnahme an Klassensprecherwahlen wie auch jede Mitarbeit in der Schulselbstverwaltung.Die immer wieder angesprochene Warnung vor "schlechter Gesellschaft" (gemeint ist damit ein Umgang mit nicht der Gemeinschaft angehörenden "weltlichen" Kindern /Jugendlichen) führt - mit der zugleich propagierten Konzentration auf die Mitglieder der eigenen Glaubensgemeinschaft - in eine "Ghettoisierung. ... widerspricht in eklatanter Weise dem Menschenbild des Grundgesetzes. das gerade das Leitbild der eigenverantwortlichen Persönlichkeit in ihrer Gemeinschaftsbezogenheit zum Bezugspunkt aller staatlicher Ordnung - und damit des Gewährleisteten Erziehungsrechts macht." (Gutachten S.61,62)

Helleres Licht

Die Teilnahme an Klassensprecherwahlen bzw. der Schülermitverwaltung ist jetzt erlaubt (siehe Punkt 4 Wahlrecht). Ansonsten bleibt alles beim Alten.

b) Zuchtmittel

Zitat aus dem Rechtsgutachten:

"Eltern werden dabei angehalten, ihre natürlichen Hemmungen ebenso zu überwinden, wie sich kinderpsychologischen Ratschlägen (Theorien die direkt dem Rat Jehovas widersprechen) zu widersetzen.... In diesen von der Rechtsordnung gezogenen Grenzen hält sich jedenfalls weder das Schlagen von Kleinstkindern noch der zeitweilige Ausschluß aus der Familiengemeinschaft." (Gutachten S.63)

Bisherige Aussagen der WTG:

1978

Schläge können einem Kind das Leben retten, denn in Gottes Wort heißt es: "Enthalte doch dem, der ein Knabe ist, die Zucht nicht vor. Falls du ihn mit der Rute schlägst, wird er nicht sterben. Mit der Rute solltest du selbst ihn schlagen, damit du seine eigene Seele von Scheol (Grab) selbst befreist." (Das Familienleben glücklich gestalten S.133)

Bei Kindern kann der vorübergehende Ausschluß aus der Familiengemeinschaft wirkungsvoller sein als Schläge. Würde man jedoch ein Kind aus dem Hause aussperren oder andere übertriebene Maßnahmen ergreifen, so wurde man über das hinausgehen. was die Liebe gebietet. Ganz gleich, welche Methode angewandt wird, den Kindern muß klargemacht werden, daß sie die Folgen für ihr Verhalten tragen müssen." (S.145)

1979

Aber schließt liebevolle Zucht auch körperliche Züchtigung ein? Gemäß Gottes Wort kann das eingeschlossen sein, sofern die körperliche Züchtigung ein Ausdruck der Liebe ist und auf eine Weise erfolgt, die sich mit Liebe vereinbaren läßt." (Erwachet! 08.08.79 S. 27)

1994

Zucht ist für Kinder unerläßlich. Eltern müssen ihren Kindern Grenzen setzen. In Sprüche 13:24 wird erklärt: "Wer seine Rute zurückhält, haßt seinen Sohn, wer ihn aber liebt, der sucht ihn sicherlich heim mit Züchtigung." Die Bibel sagt jedoch nicht, daß Zucht immer körperlich erfolgen muß. "Hört auf Zucht". heißt es in Sprüche 8.33, und wie in Sprüche 17:10 gezeigt wird, "dringt ein Scheltewort tiefer ein bei einem Verständigen als hundert Schläge bei einem Unvernünftigen". Gelegentlich mag allerdings auch eine körperliche Züchtigung angebracht sein." (Der Wachtturm 15.07.94 S.18 Abs.12.13)

Dies war die allgemeine Lehre der 80er und 90er Jahre

Helleres Licht

1998

Ein Kind darf niemals grausam bestraft werden. Körperliche Gewaltanwendung hat in einer Familie, die nach der Bibel lebt, keinen Platz (Psalm 11:5). Dasselbe trifft auf psychische Mißhandlung zu - harte Worte, ständige Kritik und beißender Sarkasmus - die die Psyche eines Kindes zerbrechen kann. (Vergleiche Spr. 12:18)" (Der Wachtturm 01.04.98 S.18 Abs.13)

c) Bildungschancen

Zitat aus dem Rechtsgutachten:

"Dementsprechend wird dringend vor den Gefahren einer Hochschulausbildung gewarnt, auch deshalb, weil hier vieles 'der gesunden Lehre' der Bibel widerspricht. ...Alles das läßt erkennen, daß die Bildungschancen der Jugendlichen ohne weiteres den Organisationsinteressen untergeordnet werden. Die Eltern werden dazu angehalten, sich ihrer Pflicht aus 51631a Abs. 1 BGB zu entziehen, nämlich der Pflicht, in Angelegenheiten der Ausbildung und des Berufes insbesondere auf Eignung und Neigung des Kindes Rücksicht zu nehmen." (Gutachten S.65,66)

Bisherige Aussagen der WTG:

1971

Früher war man allgemein der Überzeugung, der weg zum Erfolg führe über eine Hochschulausbildung. Aber jetzt überlegen es sich viele reiflich ob dies immer noch so sei. ... Die akademische Jugend hat eine eigene ausgeprägte Meinung. ... Viele Eltern haben ihre Kinder voller Hoffnungen auf die Hochschule geschickt, doch wenn sie sehen, was aus ihnen geworden ist, sind sie entsetzt. ... Das Studentenleben wirkt sich sehr wahrscheinlich nachteilig auf die Geschlechtsmoral deines Kindes aus." (Erwachet! 08.09.71 S.3-7)

1985

Timotheus hätte sich zweifellos für eine lukrative weltliche Karriere ausbilden lassen können,' aber Paulus schrieb: "Übe dich mit Gottergebenheit als deinem Ziel. Denn Leibesübung ist zu wenigem nützlich; ... Viele beten heute den Sex, das Vergnügen, den Reichtum und die Hochschulbildung ebenso intensiv an wie damals die Epheser die Artemis." (Der Wachtturm 15.08.85 S.12)

Helleres Licht (Darstellung für die Öffentlichkeit)

Nachdem die neue Broschüre "Jehovas Zeugen und die Schubildunag, veröffentlicht war, wurden die Versammlungen aufgefordert, noch vorrätige alte Broschüren "Jehovas Zeugen und die Schule" nach Selters zurückzuschicken. (Siehe Brief an alle Ältestenschaften vom 18.04.97).

Innerhalb der Organisation hat sich eigentlich nichts daran geändert, daß Bildung nur dazu da ist, 1. aus Kindern nützliche Verkünder zu machen, und 2. junge Menschen in die Lage zu versetzen, für ihren Lebensunterhalt zu sorgen.

In der neuen Broschüre, die vor allem für Lehrer und Bildungseinrichtungen gedacht ist, wird die Einstellung zur Bildung wesentlich positiver dargestellt:

Eltern, die Zeugen Jehovas sind, machen sich genau wie andere Eltern Gedanken über die Zukunft ihrer Kinder. Darum messen sie der Schulbildung großen Wert bei. Bildung sollte Menschen helfen, nützliche Mitglieder der Gesellschaft zu werden. Sie sollte ihnen auch helfen, Wertschätzung für ihr kulturelles Erbe zu entwickeln und ein befriedigenderes Leben zu führen." (Jehovas Zeugen und die Schulbildung S. 4)

(Darstellung für die Zeugen selber)

1996

Betrachten wir jetzt die vier Hauptziele einer sinnvollen Bildung und wie das, was man sich angeeignet hat, genutzt werden kann, um Jehova zu preisen. Eine sinnvolle Bildung soll uns helfen, 1. flüssig zu lesen, 2. deutlich zu schreiben, 3. Verstand und Sittlichkeitsempfinden zu fördern und 4. praktische Schulung für das Alltagsleben zu erhalten." (Der Wachtturm 01.02.96 S.10 Abs.8 )

Die Weisheit der Welt steht im Überfluß zur Verfügung und kann aus den verschiedensten Quellen geschöpft werden. Es gibt zahlreiche Bildungseinrichtungen, und "des vielen Büchermachens ist kein Ende" (Pred. 12.-12). Inzwischen verspricht die sogenannte Datenautobahn, zu jedem Thema unerschöpfliche Datenmengen zu liefern. Doch die Verfügbarkeit all dieses Wissens macht die Welt weder klüger noch löst sie ihre Probleme. Statt dessen verschlimmern sich die Weltverhältnisse von Tag zu Tag. Verständlicherweise heißt es in der Bibel: "Die Weisheit dieser Welt ist Torheit bei Gott" (1.Kor.3:19,20) (Der Wachtturm 01.02.96 S.22 Abs.4)

8. Blut

1961 lehrte die WTG, daß es mit dem Gesetz Gottes nicht vereinbar sei, Blut oder Blutbestandteile in irgendeiner Form aufzunehmen. Diese Lehre wurde viele Male verändert, manchmal wurde sie restriktiver, manchmal liberaler gehandhabt. Heute ist die Verwendung einzelner, willkürlich festgelegter Blutbestandteile dem Gewissen des Einzelnen überlassen, d.h. erlaubt, während andere Blutbestandteile und Vollblut von Zeugen Jehovas nicht angenommen werden dürfen. Übertretungen dieser "Empfehlungen" werden mit Gemeinschaftsentzug sanktioniert.

Zitate aus dem Rechtsgutachten:

...Das bedeutet, daß kaum ein Zeuge Jehovas die Chance hat, sich unüberwacht stationär behandeln zu lassen und - unbeeinflußt von Ältesten und der Drohung des Ausschlusses in der Frage einer Bluttransfusion zu entscheiden" (Gutachten S.43)

...Verantwortung der Sorgeberechtigten für solche Minderjährige, denen Reife und Einsicht in die Tragweite der Entscheidung mangelt. Auch hier soll um legitimer nichtmedizinische(r) Ziele" willen eine verbotene Blutbehandlung unbedingt verhindert werden. ("Leben retten" S.21).Ein solches Verhalten führt jedenfalls dann in einen schwerwiegenden Konflikt mit der staatlichen Rechtsordnung. wenn eine - sicherlich sorgfältig zu prüfende - Alternativbehandlung nicht indiziert oder mit erheblichen Risiken verbunden ist." (Gutachten S.41)

Bisherige Aussagen der WTG:

1961

Nach dem Gesetz Mose, dessen Vorschriften künftige Dinge vorschatteten, muß der Empfänger einer Bluttransfusion durch eine Ausschließung oder einen Gemeinschaftsentzug vom Volke Gottes abgeschnitten werden." (Der Wachtturm 15.03.61 S.190)

Doch ungeachtet dessen, ob es Vollblut oder Blutfraktionen seien, ob Blut dem eigenen Körper oder dem Körner eines anderen entnommen werde, ob es durch Transfusion oder als Injektion eingeführt werde, gilt doch Gottes Gesetz." (Der Wachtturm 01.12.61 S.719 Abs. 19)

1964

"Dürfte ein Christ Tierfutter verwenden, von dem man annimmt, daß es Blut enthält? Gestützt auf die bereits erwähnten Grundsätze lautet die Antwort: Nein. ... Er dürfte sich nicht damit entschuldigen, das sei doch ungefähr das gleiche, wie wenn ein Tier das andere töte und dann dessen Blut zu sich nehme. In diesem Fall würde der Christ das Tier selbst mit Blut füttern. ...Wie steht es nun aber mit Düngemitteln, die Blut enthalten? Wer Gottes Gesetz über das Blut respektiert verwendet sie nicht. Nach dem mosaischen Gesetz mußten die Israeliten das Blut allerdings ausfließen lassen und es dann mit Erde bedecken. (3.Mos.17:13,14) Mit dieser Beseitigung des Blutes sollte allerdings nicht ein nützlicher Zweck verfolgt werden. Es sollte nicht auf die Erde gegossen werden, um als Düngemittel zu dienen." (Der Wachtturm 01.08.64 S.179)

1982

Diese (Bibel-)Verse sind zwar nicht medizinisch formuliert. aber nach der Auffassung der Zeugen schließen sie eine Transfusion von Vollblut und die Verabreichung von Konzentraten aus roten Blutkörperchen und Plasma sowie weißen Blutkörperchen und Blutplättchen aus. Doch das religiöse Verständnis der Zeugen schließt nicht völlig den Gebrauch von Blutbestandteilen wie Albumin. Immnglobulinen und Faktoren zur Blutgerinnung aus; jeder Zeuge muß für sich entscheiden. ob er sie akzeptieren kann." (Erwachet! 22.09.82 S.25)

1997

Das Tetanusserum wird aus Pferdeblut gewonnen, und Gammaglobulin zur Bekämpfung von Krankheiten gewinnt man seit langem aus dem Blut. das in der menschlichen Plazenta (Nachgeburt) enthalten ist. ... Christen, die im Krankenhaus liegen, sind sich darüber im klaren, daß von ihnen stammende biologische Produkte wie Ausscheidunasprodukte, totes Gewebe oder Blut beseitigt werden sollen. Ein Arzt möchte vielleicht zuvor bestimmte Tests durchfuhren, ... oder Bluttests. Doch anschließend sind diese Produkte im Einklang mit den geltenden Gesetzen zu beseitigen. ... Sollte ein Patient berechtigte Zweifel haben, daß so verfahren wird, könnte er ... erklären, daß er aus religiösen Gründen die Beseitigung solcher Produkte wünscht." (Der Wachtturm 01.02.97 S. 29)

1. Obwohl es Zeugen erlaubt ist Gammaglubulin zu sich zu nehmen, wird es nicht gestattet die Plazenta zur Gewinnung von Gammaglobulin zur Verfügung zu stellen.

2. Weiterhin besteht man darauf, daß Blut auf die Erde ausgegossen bzw. beseitigt werden muß. Wie sonst sollen aber die Blutbestandteile extrahiert werden, die die Zeugen verwenden dürfen? Darf nur das Blut von "Heiden" zu medizinischen Zwecken gelagert und verwendet werden? Anmerk. des Verf.)

a) Kontrolle

WTG "unterstützt" die Zeugen in ihrer Entscheidung jede Bluttransfusion abzulehnen

... was tust du, um dich vor einer unerwünschten Bluttransfusion zu schützen?...Vergewissert euch als erstes, ob jeder in der Familie sein ,persönliches Dokument zur ärztlichen Versorgung vollständig ausgefüllt hat. ... An freier Stelle auf Seite 3 könnte man einfügen: "Um zu gewährleisten, daß mein Wille auch im Fall einer Bewußtlosigkeit beachtet wird, habe ich eine Vertrauensperson bevollmächtigt, in diesen Situationen meinen Willen durchzusetzen." ... Formulare für solche Vollmachten stehen in der Versammlung zur Verfügung."Beilage zu " (Unser Königreichsdienst" Dezember 90 Abs.1,8,9)

Steht kein naher Angehöriger zur Verfügung, da niemand aus der Verwandtschaft ein Getaufter Zeuge ist. könnte irgendwelchen anderen Personen des Vertrauens. vorzugsweise Ältesten, diese Vollmacht erteilt werden." (Brief an alle Versammlungen 02.12.91)

Diese Vollmachten werden erfahrungsgemäß nahen Familienangehörigen und/oder Ältesten erteilt, dadurch ist im Vorfeld meist schon eine Einflußnahme abgesichert.

Wenn sich der Gesundheitszustand so ernsthaft verschlechtert, daß eine Bluttransfusion angedroht wird, stelle anhand dieses Kastens fest, was zu tun ist:1.Rufe die Ältesten deiner Versammlung an, und bitte sie dir zu helfen.2. Laß die Ältesten nötigenfalls das nächste Krankenhausverbindungskomitee anrufen. (Beilage von "Unser Königreichsdienst" Dezember 1990, "Diese Beilage sollte an einer Stelle aufbewahrt werden, wo du sie nötigenfalls schnell findest.")

Einige benötigen vielleicht schon vor ihrer Einlieferung ins Krankenhaus Hilfe, damit sichergestellt wird, daß die medizinisch-rechtlichen Formulare angemessen ausgefüllt sind und mit den behandelnden Ärzten gesprochen wurde, um eine Transfusion zu vermeiden. ... Besuche den Patienten im Krankenhaus ... In seltenen Fällen ist es erforderlich, daß rund um die Uhr jemand Wache hält." (Gebt acht-Buch für die Ältesten, 1991 S.21)

b) Eltern sollen mit allen möglichen Mitteln verhindern, daß ihre Minderjährigen Kinder eine Bluttransfusion erhalten.

Bisherige Aussagen der WTG:

1991

In dem Bewußtsein, daß es für Ärzte oftmals nicht schwer ist, im Falle eines Minderjährigen gerichtliche Unterstützung für eine Transfusion zu erhalten, meinen vielleicht einige Eltern, in der Sache seien ihnen die Hände gebunden, sie könnten oder sollten diesbezüglich nichts unternehmen. Aber diese Ansicht ist falsch. (Sprüche 22:3)" (Der Wachtturm 15.06.91 S.15 Abs.13)

Bist du, sofern du Kinder hast, sicher, daß sie mit dem biblisch begründeten Standpunkt bezüglich Bluttransfusionen übereinstimmen und ihn erklären können? Glauben sie wirklich, daß dieser Standpunkt dem Willen Gottes entspricht? Sind sie davon überzeugt, daß eine Übertretung des Gesetzes Gottes so schwerwiegend ist, daß sie die Aussicht eines Christen auf ewiges Leben in Frage stellen könnte? Weise Eltern werden diese Angelegenheit mit ihren Kindern besprechen, ob sie noch sehr klein oder schon fast erwachsen sind. Sie können mit den Kindern üben, wobei sie ihnen Fragen vorlegen.. wie sie Jugendlichen von einem Richter oder einem Vertreter eines Krankenhauses gestellt werden mögen." (Der Wachtturm 15.06.91 S.18 Abs.21)

1992

Haben wir zum Beispiel jeden vernünftigen Schritt unternommen, um unsere Kinder vor einer Bluttransfusion zu schützen? ... Haben wir im Familienkreis darüber gesprochen, was getan werden kann, um in einer Notsituation, in der eine Transfusion droht, wirkungsvoll vorzugehen? ... Ein Arzt könnte behaupten, daß bei unserem kranken Kind "mit Blut alles in Ordnung kommen" wird, doch wir müssen, schon bevor ein Notfall eintritt, fest entschlossen sein, Blut für uns und unsere Kinder abzulehnen, da wir unser Verhältnis zu Jehova für kostbarer erachten als die angebliche Verlängerung des Lebens unter Mißachtung des Gesetzes Gottes. Gottes Gunst heute und das künftige ewige Leben stehen auf dem Spiel!" (Unser Königreichsdienst 9./92 S. 3)

Geben wir daher niemals auf, auch wenn ein Gerichtsbeschluß erfolgt ist! ... Ihr Eltern, trefft rechtzeitig die nötigen Vorbereitungen, um euer Kind vor einer geistig verunreinigenden Bluttransfusion zu schützen!" (Unser Königreichsdienst 9/92 S.6 Abs.26,27)

Die Zeugen Jehovas werden von der WTG noch immer gelehrt "Gottes Gesetz in bezug auf das Blut zu beachten". Diese Tatsache wird durch den alljährlich im Januar stattfindenden Programmpunkt in der "Dienstzusammenkunft" bewiesen:

Woche vom 5. Januar 1998:

20 Min. Bereite dich jetzt darauf vor, an Gottes Gesetz Über das Blut festzuhalten. Ein befähigter Ältester bespricht, wie wichtig es ist, das Dokument zur ärztlichen Versorgung und auch die Patientenverfügung und Vollmacht der Gesellschaft auszufüllen." (Unser Königreichsdienst 1/98 S.2)

Gleichzeitig vertritt die WTG in dem Kampf um staatliche Anerkennung eine gegensätzliche Haltung:

Beispiel Tschechien 1993:

Ein Schreiben des tschechischen Zweigbüros an die dortige Regierung gelangte durch Indiskretion an die Presse.

Hiermit beantworten wir Ihr Schreiben vom 23.06.1993, in dem Sie einige Einwände gegen die Grundsätze der Zeugen Jehovas zum Ausdruck bringen und in dem Sie um unsere Stellungnahme zu drei Fragen bitten ... :1. Frage: Lehrt die Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas, daß ein Elternteil, das Mitglied bei der Glaubensgemeinschaft ist, sein noch nicht volljähriges Kind in dem Sinne zu vertreten habe, daß ihm selbst dann keine Bluttransfusion verabreicht wird, wenn nach der Ansicht von Ärzten die Verweigerung einer Bluttransfusion zu gesundheitlichen Gefahren oder zum Tode führen kann?Die Antwort: Nein., die Glaubensgemeinschaft kennt keine derartige Lehre.Ergänzende Bemerkung: Die Lehren der Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas beruht allein auf der Bibel, in der Christen lediglich kurz ermuntert werden "sich vom Blut zu enthalten" (Apg.15:20-29). Es ist nicht das Ziel der Gemeinschaft, auf das Leben Einzelner Einfluß zu nehmen und ihnen zu sagen, was sie in außergewöhnlichen Lebenssituationen zu tun und zu lassen hätten."

Beispiel Bulgarien 1998:

Vor der Europäischen Menschenrechtskommission ist seit 09.03.96 der Antrag Nr.28626./95 anhängig. Die WTG beantragt darin die Registrierung als Religionsgemeinschaft in Bulgarien. Die bulgarische Regierung verweigerte dies mit Hinweis auf die Verweigerung des Militärdienstes und die Haltung der Zeugen in der Blutfrage.

Es kam zu einer Übereinkunft, bei der die bulgarische Regierung in bezug auf den Militärdienst einlenkte, und die WTG folgende Aussagen zu ihrer Lehre über das Blut machte:

II. Bezüglich der Haltung der Zeugen Jehovas zur Blutfrage verpflichtet sich die Antragstellerin (WTG) eine Erklärung zu verfassen, die den Statuten der Zeugen Jehovas in Bulgarien im Hinblick auf ihre Registrierung als wesentlicher Bestandteil beigefügt wird, und die besagt:

2.1 Jehovas Zeugen als Patienten nehmen für sich selbst und für ihre Kinder das medizinische System in Anspruch; jedes Mitglied hat das Recht dieses (medizinische System) aus freiem Willen in Anspruch zu nehmen, und zwar ohne Kontrollen und Sanktionen seitens der Antragstellerin.

2.2 In Übereinstimmung mit dem bulgarischen Gesundheitsrecht verpflichtet sich die christliche Gemeinschaft der Zeugen Jehovas in Bulgarien, die Anwendung des besagten Gesetzes zu respektieren, worin es heißt:

2.2.1 Keine medizinische Voraberklärung abzugeben daß Minderjährige keine Bluttransfusion erhalten dürfen (d.h. daß ungetauften oder getauften Minderjährigen verboten wird, eine Karte gegen Transfusionen mit sich zu führen).

2.2.2 und was Erwachsene betrifft, wird in Beachtung des genannten Rechts anerkannt, daß jeder Einzelne die Freiheit der Wahl behält.18. Auf ihrer Sitzung am 9. März 1998 stellte die Kommission fest, daß die Parteien über die Bedingungen für eine Regelung Einigkeit erzielt hatten."

(Auszug aus dem Bericht der Europäischen Menschenrechtskommission. Diese Nachricht kann als Pressemitteilung des "Secretary to the European Commission of Human Rights" nachgelesen werden und befindet sich auf der Website der "Europäischen Kommission für Menschenrechte". Information Note Nr. 148 über die 276. Sitzung)

Nimmt die WTG still und heimlich von ihrer bisherigen Lehre über das Blut Abstand oder setzt sie auf neu entwickelte Blutersatzstoffe, wie z. B. PolyHeme von der amerikanischen Firma Northfield hergestellt, die in nächster Zeit auf den Markt kommen werden? Der Rohstoff für diese Produkte ist allerdings ebenfalls Blut.

Jedenfalls handelt die WTG inkonsequent, wenn sie gleichzeitig im Januar 1998 Zeugen Jehovas auffordert, ihre Dokumente zur ärztlichen Versorgung bzw. den "Ausweis zur ärztlichen Versorgung" von Minderjährigen zu aktualisieren, während sie selbst einem Dokument zustimmt, das Minderjährigen verbietet, einen solchen Ausweis bei sich zu tragen. Man kann nicht gleichzeitig in einem Land Druck auf Menschen ausüben, indem man ihnen immer wieder sagt, daß jeder der einer Bluttransfusion zustimmt, den ewigen Tod verdient, und aus der Gemeinschaft ausgeschlossen wird, und gleichzeitig vor nationalen und internationalen Institutionen so tun, als ob jeder Zeuge für sich allein entscheidet, und im Fall einer Bluttransfusion keinerlei Sanktionen zu erwarten hätte.

Eine weitere denkwürdige Änderung zum Thema Blut findet man im Wachtturm vom 15.12.98, Seite 29.

Tatsächlich haben sich Jehovas Zeugen eingehend mit dieser Materie beschäftigt, und sie sind davon überzeugt, daß sie für sich die beste Lebensweise gewählt haben. Dazu gehört, daß sie sich weigern, sich den bekannten Gefahren von Bluttransfusionen auszusetzen, und statt dessen fremdblutfreie Behandlungsmethoden vorzuziehen, die in vielen Ländern gang und gäbe sind und sich mit Gottes Gesetz vereinbaren lassen."

Bis zu diesem Artikel hatte die WTG den Standpunkt vertreten, daß Bluttransfusionen jeder Art für Christen nicht akzeptabel sind. Möglicherweise ist der Ausdruck „fremd-blutfreie Behandlungsmethoden" ein Hinweis darauf, daß Eigenbluttransfusionen in einem anderen Licht gesehen werden. Ansonsten hätte der Ausdruck "blutfreie Behandlungsmethoden" gewählt werden müssen.